Johannes-Mathesius-Gesellschaft
Evangelische Sudetendeutsche e.V.
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Èeská verze
Glaube und Heimat. Mitteilungsblatt der Johannes-Mathesius-Gesellschaft
Illustration von Jana Wienerová


Ostern 2008


Der Herr ist auferstanden.
Er ist wahrhaftig auferstanden.

Lukas 24,6.34



Liebe Mitglieder und Freunde der Johannes-Mathesius-Gesellschaft,
liebe Brüder und Schwestern,

auch in diesem Jahr können wir Ihnen wieder eine Ausgabe unserer Mitteilungen Glaube und Heimat zu Ostern vorlegen und Sie über das Wirken unserer Gesellschaft für die Interessen der Evangelischen Sudetendeutschen informieren. Dank Ihrer finanziellen Unterstützung ist es möglich, Unkosten zu begleichen, die bei unserer theologischen und organisatorischen Arbeit entstehen.

So ist es den engagierten Mitgliedern unserer Gesellschaft zu danken, wie Herrn Horst Schinzel, München, Herrn Pfarrer Christof Lange, Prag, Frau Johanna Gerstberger, Ludwigsburg, Herrn Professor Karl Schwarz, Wien, Herrn Dr. Gerhard Messler, Leimen sowie Herrn M.A. Rainer Schmelzle, Modautal, die sehr gute theologische Grundsatzarbeiten durchführen und so Verständnis herbeiführen für die Wurzeln der Reformation in Böhmen und deren Weiterführung in der ehemaligen Deutschen Kirche in Böhmen, Mähren und Schlesien bis hin zu unserer Johannes-Mathesius-Gesellschaft - Evangelische Sudetendeutsche e.V.

Bei unserer Jahrestagung vom 2. bis 4. Mai 2008 in Heilsbronn werden wir im Rahmen der Mitgliederversammlung besonders über die weitere Wirkungsweise unserer Gesellschaft in diesem Spannungsfeld von Tradition und Zukunft beraten.

Mit österlicher Zuversicht und Gottes Hilfe werden wir unsere Mission weiterführen und Ihr Erbe, sehr geehrte langjährige Mitglieder aus dem Sudetenland, in Ihrem Sinne vertreten und bewahren.

Ich wünsche Ihnen allen in Deutschland, Österreich, Tschechien, der Slowakei und der Schweiz eine hoffnungsvolle österliche Zeit, verbunden mit herzlichen Wünschen für eine angemessene Gesundheit und Gottes Segen!

Ihr Karlheinz Eichler
Vorsitzender



Unterwegs zum Glauben


Und siehe, zwei von ihnen gingen an demselben Tage in ein Dorf, das war von Jerusalem etwa zwei Wegstunden entfernt; dessen Name ist Emmaus. Und sie redeten miteinander von allen diesen Geschichten. Und es geschah, als sie so redeten und sich miteinander besprachen, da nahte sich Jesus selbst und ging mit ihnen. Aber ihre Augen wurden gehalten, daß sie ihn nicht erkannten.

Er sprach aber zu ihnen: Was sind das für Dinge, die ihr miteinander verhandelt unterwegs? Da blieben sie traurig stehen. Und der eine, mit Namen Kleopas, antwortete und sprach zu ihm: Bist du der einzige unter den Fremden in Jerusalem, der nicht weiß, was in diesen Tagen dort geschehen ist? Und er sprach zu ihnen: Was denn? Sie aber sprachen zu ihm: Das mit Jesus von Nazareth, der ein Prophet war, mächtig in Taten und Worten vor Gott und allem Volk; wie ihn unsre Hohenpriester und Oberen zur Todesstrafe überantwortet und gekreuzigt haben. Wir aber hofften, er sei es, der Israel erlösen werde. Und über das alles ist heute der dritte Tag, daß dies geschehen ist. Auch haben uns erschreckt einige Frauen aus unserer Mitte, die sind früh bei dem Grab gewesen, haben seinen Leib nicht gefunden, kommen und sagen, sie haben eine Erscheinung von Engeln gesehen, die sagen, er lebe. Und einige von uns gingen hin zum Grab und fanden's so, wie die Frauen sagten; aber ihn sahen sie nicht.

Und er sprach zu ihnen: O ihr Toren, zu trägen Herzens, all dem zu glauben, was die Propheten geredet haben! Mußte nicht Christus dies erleiden und in seine Herrlichkeit eingehen? Und er fing an bei Mose und allen Propheten und legte ihnen aus, was in der ganzen Schrift von ihm gesagt war. Und sie kamen nahe an das Dorf, wo sie hingingen. Und er stellte sich, als wollte er weitergehen. Und sie nötigten ihn und sprachen: Bleibe bei uns; denn es will Abend werden, und der Tag hat sich geneigt. Und er ging hinein, bei ihnen zu bleiben.

Und es geschah, als er mit ihnen zu Tisch saß, nahm er das Brot, dankte, brach's und gab's ihnen. Da wurden ihre Augen geöffnet, und sie erkannten ihn. Und er verschwand vor ihnen. Und sie sprachen untereinander: Brannte nicht unser Herz in uns, als er mit uns redete auf dem Wege und uns die Schrift öffnete? Und sie standen auf zu derselben Stunde, kehrten zurück nach Jerusalem und fanden die Elf versammelt und die bei ihnen waren; die sprachen: Der Herr ist wahrhaftig auferstanden und Simon erschienen. Und sie erzählten ihnen, was auf dem Wege geschehen war und wie er von ihnen erkannt wurde, als er das Brot brach.

Lukas 24,13-35


Sicher, das Grab Jesu war leer. Aber die vieldeutigen Spekulationen, die sich daran anschlossen, gaben keine Gewißheit. Die tröstliche Erfahrung, daß Jesus lebt, entdeckt nur der, der glaubt. Ja, es kann sogar geschehen, daß der Auferstandene direkt vor mir steht, und doch erkenne ich ihn nicht.

Die beiden Jünger auf dem Weg nach Emmaus hatten ja schon von den Frauen gehört, daß der Auferstandene in Jerusalem aufgetaucht war. Warum verschwinden sie aus der Stadt? Sie waren nicht überzeugt. Sie hielten das für Geschwätz, heißt es bei Lukas. Schließlich hatte niemand wirklich Jesus gesehen. Kann man Frauen so etwas glauben?

Die beiden Jünger haben diese Frage für sich beantwortet. Sie haben die Hoffnung aufgegeben. Die wunderbare Gemeinschaft des beginnenden Gottesreiches, die Jesus um sich gesammelt hatte, der Bund Gottes mit den Armen und Unterdrückten ist zerbrochen. Jesu Mitstreiter zerstreuen sich in alle Winde.

Was haben sie in Emmaus zu suchen? Nichts. Sie suchen das Weite. Hauptsache weg von Jerusalem. Der Ort Emmaus war zum Zeitpunkt, als dies aufgeschrieben wurde, nur noch eine Ansammlung von Ruinen, ein Ort, den die Römer von der Landkarte getilgt hatten. Die Jünger waren also unterwegs nach Nirgendwo, von der Geschichte in die Hoffnungslosigkeit entlassen. Die Erlösung findet nicht statt. Das Gottesreich, das mit Jesus in greifbare Nähe gerückt war, wurde als Utopie entlarvt. Als Wunschtraum, für den in dieser Welt kein Platz ist.

Dies müssen die beiden erst einmal verarbeiten. Deshalb ihre Flucht. Sie versuchen sich das Geschehene irgendwie zusammenzureimen und Erklärungen, Gründe für die Katastrophe zu finden. Wie konnte es so weit kommen? Hatten sie sich alle Illusionen gemacht? Haben nicht auch sie im entscheidenden Augenblick versagt? Aber das alles hilft jetzt auch nichts mehr...

Während sie darüber reden, ist der Auferstandene ihnen selbst zum Greifen nah. Aber sie erkennen ihn nicht, weil sie in diesem Augenblick auf sich selbst und auf die Vergangenheit fixiert sind. Immerhin können sie ihm ihre Not klagen: Jesus von Nazareth, ein Prophet, mächtig in Taten und Worten - und so ein erbärmliches Ende! "Wir hofften, er sei es, der Israel erlösen werde. Mit ihm sind alle unsere Hoffnungen gestorben."

So ihre Sicht der Dinge. Jesus macht ihnen Vorwürfe: Begreift ihr denn nicht? Fällt es euch so schwer zu glauben, was doch die Profeten schon gesagt haben! Mußte nicht der Messias ganz notwendigerweise leiden? Doch, die Jünger haben gelesen und gehört, aber verstehen können sie es nicht.

Jesus erklärt ihnen die Bibel. Nicht den Buchstaben, sondern den Geist der Schrift, also das, was von Gott gemeint ist. Er versucht mit seiner Predigt das, was jeder Prediger versucht: ihnen ihr Herz anzuzünden, ihnen Gottes Handeln in ihrem Leben sichtbar zu machen. So viel Mühe gibt er sich! Aber nicht einmal ihm gelingt es, bei den beiden Jüngern Glauben zu wecken.

Immerhin schließen sie mit dem unbekannten Begleiter Freundschaft. Sie bitten ihn, auch am Abend bei ihnen zu bleiben. Und als sie gemeinsam zu Abend essen, und der Gast das Tischgebet spricht, da geschieht es: "Da wurden ihre Augen geöffnet, und sie erkannten ihn." Auf einmal ist er nicht mehr der namenlose Weggefährte, sondern der auferstandene Herr.

Nicht an seinem Aussehen oder seinen Worten, sondern am Brechen des Brotes haben sie ihn erkannt: "Nehmet hin und esset, das ist mein Leib, der für euch gegeben wird. Solches tut zu meinem Gedächtnis. Nehmet hin und trinket alle daraus, dieser Kelch ist der neue Bund in meinem Blut, das für euch vergossen wird zur Vergebung der Sünden." So hatte er seinen Jüngern damals versprochen.

Nicht die Erklärung oder Deutung der Vergangenheit, sondern die unverhoffte und unverdiente Erneuerung der Gemeinschaft am Tisch des Herrn öffnet den Jüngern die Augen. Erst jetzt wird ihnen klar: Brannte nicht unser Herz in uns, als er mit uns redete auf dem Wege? Er, der für die Sünden des gesamten Gottesvolkes am Kreuz gestorben ist, ist auf einmal hier am Tisch wieder gegenwärtig. Nicht die Berichte vom Hörensagen, nicht gelehrte Auslegungen der Bibel, erst diese persönliche Ostererfahrung macht den beiden Jüngern möglich, zu glauben.

Der Glaube bringt für sie die Wende: Sie kehren zurück nach Jerusalem, denn sie haben begriffen, daß sie ihren Herrn in der Gemeinschaft von Brüdern und Schwestern, in der Gemeinde suchen müssen. Dort erfahren sie, daß sie nicht die einzigen sind, die so ein Ostererlebnis hatten, auch andere sind dem Auferstandenen begegnet, jeder vielleicht auf etwas andere Weise.

Der Evangelist Lukas vergißt nicht anzumerken: "Nachdem die Jünger Jesus erkannt hatten, verschwand er vor ihren Augen." In dieser Situation befindet sich die Kirche Jesu Christi nach Ostern. Den irdischen Jesus hat sie nicht direkt vor Augen, aber sie hat ihren Herrn erkannt, und weiß, daß er lebt. Er ist in ihrer Mitte gegenwärtig - unsichtbar, aber deswegen nicht weniger real. Wo das Brot gebrochen wird, wo die Gemeinde in seinem Geist lebt und teilt, da tritt er aus der Anonymität heraus, da wird er immer wieder neu erkennbar.

Wo Jesu Anteilnahme am menschlichen Leiden in seinem Leib zu sehen, wo die Vergebung aller meiner Schuld in seinem Blut zu schmecken ist, gewinne ich auch die Kraft, mich meiner Verantwortung vor Gott zu stellen, erfahre ich Stärkung für einen neuen, ganz sicher anderen Weg.

Der Evangelist Lukas nennt die Bewegung der ersten Christen oft einfach "Der neue Weg". Die Jünger haben ihre Trauer überwunden. Sie sind nicht mehr auf der Flucht vor der eigenen Verantwortung und hängen auch nicht religiösen Wunschträumen an. Ihr Leben hat eine neue Richtung bekommen.

Ihre neue Heimat finden sie paradoxerweise unterwegs. Die, denen der Auferstandene erschienen ist, machen sich mit dem lebendigen Herrn auf einen neuen Weg.

Christof Lange, Prag



Jahrestagung in Heilsbronn

Alle Mitglieder und Freunde der Johannes-Mathesius-Gesellschaft - Evangelische Sudetendeutsche e.V. laden wir herzlich zu unserer nächsten Jahrestagung vom 2. bis 4. Mai 2008 in das Religionspädagogische Zentrum nach Heilsbronn ein.


Freitag, 2. Mai

16 Uhr: Mitgliederversammlung (siehe Tagesordnung unten)

18 Uhr: Abendessen

Aussprache über aktuelle Themen

Abendandacht


Sonnabend, 3. Mai

8 Uhr: Frühstück

9 Uhr: Morgenandacht über Jesaja 40,1-4

9.30 Uhr: Vorträge und Diskussionen zu kirchengeschichtlichen Themen des Jahres 2008:

  • David Zeisberger (1721-1808) und die Herrnhuter Mission in Nordamerika
  • Die Jahrestage der Verbrennung des Täufers Balthasar Hubmaier (1528) und des Waldensers Friedrich Reiser (1458)
  • 370 Jahre Mariensäule in München
  • Die Einführung der Reformation in Jägerndorf durch Markgraf Georg den Frommen
12.30 Uhr: Mittagessen

14.30 Uhr: Besichtigung des Heilsbronner Münsters

18 Uhr: Abendessen

Abend der Begegnung

Abendandacht


Sonntag, 4. Mai

8 Uhr: Frühstück

10 Uhr: Teilnahme am Gottesdienst im Heilsbronner Münster

Mittagessen

Abschlußgespräch und Heimfahrt


Ein aktualisiertes Programm und Hinweise zur Anmeldung finden Sie auf der Webseite der Mathesiusgesellschaft http://www.volny.cz/mathesius.

Während der Tagung sind die Teilnehmer erreichbar über:

Religionspädagogisches Zentrum
Abteilgasse 4-7, 91560 Heilsbronn
Telefon: 09872 - 509-0
Telefax: 09872 - 509-114

Eine Anreisebeschreibung finden Sie hier.


Anmeldung

Alle Interessenten, die eine Übernachtung benötigen, bitten wir um eine schriftliche Anmeldung bis zum 21. April 2008 per E-mail an die Adresse mathesius@volny.cz oder per Post an: Karlheinz Eichler, Bahnstraße 16, 04416 Markkleeberg.


Einladung zur Mitgliederversammlung

der Johannes-Mathesius-Gesellschaft - Evangelische Sudetendeutsche e.V. am 2. Mai 2008 um 16 Uhr im Religionspädagogischen Zentrum Heilsbronn, Abteigasse 4-7, 91560 Heilsbronn


Tagungsordnung

(Änderungen aus aktuellem Anlass vorbehalten)

1. Begrüßung, Eröffnung, Feststellung der Beschlußfähigkeit

2. Gedenken der verstorbenen Mitglieder

3. Bericht des Vorsitzenden mit anschließender Diskussion

4. Kassenbericht der Schatzmeisterin mit Aussprache

5. Bericht der Rechnungsprüfer und Entlastung des Vorstands und der Schatzmeisterin

6. Evangelischer Gottesdienst beim Sudetendeutschen Tag 2008 in Nürnberg

7. Weitere Planungen für 2008 und 2009

8. Beratung über den Verbleib des bisher in Fresach untergebrachten Archivs der Johannes-Mathesius-Gesellschaft - Evangelische Sudetendeutsche e.V.

9. Beratung über die Nachfolge und Stellung der Deutschen Evangelischen Kirche in Böhmen, Mähren und Schlesien in der Zerstreuung

10. Informationen und Aussprache über aktuelle, die Arbeit der JMG-ES berührende Entwicklungen

11. Sonstiges

12. Termin, Ort und Thema der Jahrestagung 2009

Anträge an die Mitgliederversammlung sollten schriftlich bis spätestens zum 22. April 2008 beim Vorsitzenden eingegangen sein.



Bericht des Vorsitzenden

Honorarkonsul i. R. Karlheinz Eichler berichtet über Tätigkeiten und Planungen der JMG-ES von April 2007 bis Dezember 2008

Unsere Tätigkeit im Berichtszeitraum war wiederum geprägt von der Darstellung unserer Gesellschaft in den christlichen evangelischen Gremien Deutschlands, Österreichs und Tschechiens, denen das Schicksal der deutschen evangelischen Christen aus den verlorenen Ostgebieten wichtig ist. Hauptziel der Mitarbeit in diesen Gremien ist für uns die Bewahrung des reformatorischen Erbes unserer aus ihrer Heimat vertriebenen evangelischen Deutschen und die Kontakte zu den verbliebenen deutschen Evangelischen in Tschechien und der Slowakei als auch der Aufbau und die Vertiefung unserer Beziehungen zu den heutigen tschechischen und slowakischen evangelischen Gemeinden in diesen Ländern.

Hauptsächlich die Mitglieder des Vorstandes haben mit großem Zeitaufwand an den einzelnen Veranstaltungen teilgenommen. Dafür waren in den meisten Fällen Absprachen mit anderen Mitgliedern, Ausarbeitungen und sonstige Aktivitäten erforderlich, um die Ziele, Möglichkeiten und Repräsentationen der Johannes-Mathesius-Gesellschaft - Evangelische Sudetendeutsche e.V. darzustellen.

Im Nachfolgenden sind konkrete Aktivitäten kurz aufgeführt, hinter denen sich ein erheblicher Aufwand an Zeit und Kraft verbirgt.

Für die finanzielle Unterstützung ist besonders dem Diakonischen Werk der Evangelisch-Lutherischen Kirche in Bayern zu danken sowie allen unseren treuen Mitgliedern und Freunden.

Es wurden 2007 folgende Aktivitäten durchgeführt. Diese Aufzählung erhebt jedoch keinen Anspruch auf Vollständigkeit

  • 24. 4. 2007: Teilnahme an der EKMOE und dem Konvent der ehemaligen Ostkirchen in Hannover
  • 27.-29. 4. 2007: Jahresmitgliederversammlung in Bad Kissingen
  • 28. 4. 2007: Teilnahme an der Unitätsgedenkfeier in Mladá Bodeslav
  • 28. 5. 2007: Ausrichtung des Evangelischen Gottesdienstes beim Sudetendeutschen Tag in Augsburg
  • 25. 5 - 14. 10. 2007: Besichtigung und Einbringung unserer Interessen in die Bayerische Landesausstellung in Zwiesel mit dem Thema "Bayern und Böhmen"
  • 3. 6. 2007: Teilnahme und Grußwort bei der 60-Jahr-Feier der Slowakischen evangelisch-lutherischen Gemeinde an St. Michael in Prag.
  • Teilnahme an Veranstaltungen des Beirats für Vertriebenenarbeit in der Evangelisch-Lutherischen Kirche in Bayern.
  • Teilnahme an verschiedenen Jubiläumsveranstaltungen des Gustav-Adolf-Werkes anläßlich seiner Gründung vor 175 Jahren.
Für 2008 sind bisher - neben einer Reihe von Veranstaltungen, die jährlich stattfinden - folgende Aktivitäten geplant

  • 2.-4. 5. 2008 Durchführung der Jahresmitgliederversammlung 2008 in Heilsbronn.
  • 11. 5. 2008 Vorbereitung und Ausrichtung des Evangelischen Gottesdienstes beim Sudetendeutschen Tag in Nürnberg.
  • Vorbereitung einer Wanderausstellung anläßlich des 200. Todestages des Indianerapostels David Zeisberger (vgl. die Vorankündigung auf Seite 21 in dieser Zeitschrift)
Nicht an ein bestimmtes Jahr gebunden sind folgende Aktivitäten; sie gehören zu unseren ständigen Begleitern:

  • Sicherung des Archivgutes der ehemaligen Deutschen Kirche in Böhmen, Mähren und Schlesien.
  • Herausgabe unseres Mitteilungsblattes Glaube und Heimat zweimal jährlich
  • Aufbau von Verbindungen zu evangelischen Gemeindegliedern der schlesischen Gemeinde Zauchtel.
  • Entscheidende Initiative und Mitarbeit beim Wiederaufbau der deutsch-tschechischen Versöhnungsarbeit zwischen den vertriebenen deutschen Gemeindegliedern und der heutigen tschechischen Gemeinde der Evangelischen Kirche der Böhmischen Brüder an der Friedenskirche in Eger.


Aktuelles aus der JMG-ES


Sudentendeutscher Tag in Nürnberg

Der nächste Sudentendeutsche Tag findet am 10./11. Mai 2008 in Nürnberg statt. Wir laden ganz herzlich zum Evangelischen Gottesdienst um 9 Uhr ein. Die Predigt hält in diesem Jahr Dekan Christopher Krieghoff aus Nürnberg.


Karl Petrousek gestorben

Die Johannes-Mathesius-Gesellschaft - Evangelische Sudetendeutsche e.V. trauert um Karl Petrousek. Erst durch einen unzustellbaren Brief haben wir über die Post vom Ableben unseres lieben langjährigen Mitglieds Karl Petrousek im vergangenen Jahr im Alter von 87 Jahren erfahren. Als Mitabiturient von Pfarrer Erik Turnwald, unseres hochverehrten Mitbegründers der Johannes-Mathesius-Gesellschaft, kam Karl Petrousek in die Gemeinschaft der Evangelischen Sudetendeutschen, der er als aktives Mitglied mit Rat und Tat zur Seite stand.

Geboren am 12. 11. 1920 in Steinschönau - westlich von Reichenberg - im Norden Böhmens, war er dort bis zur Vertreibung nach Kriegsende ansässig. Im Jahr 1940 machte er die HAK-Matura und wurde gleich zur Deutschen Luftwaffe eingezogen, wo er die Kriegsjahre über als Kampfflieger diente. Als Auslandsösterreicher wurde er 1945 aus der Tschechoslowakei ausgewiesen und lebte seit dem in Zell am See in Österreich, wo er 1950 heiratete und ihm zwei Kinder geboren wurden. Den Lebensunterhalt seiner Familie bestritt er als Handelsvertreter.

Mit seinem geradlinigen und korrekten Lebensstil und seiner christlichen Verantwortung hat er sich stets dem Wohle seiner Mitmenschen gewidmet, sowohl als langjähriger Gemeindevorsteher als auch in ehrenamtlichen Funktionen in der Evangelischen Pfarrgemeinde A.B. in Zell am See. Die Johannes-Mathesius-Gesellschaft - Evangelische Sudetendeutsche e.V. wird ihn sehr vermissen und ihm stets ein ehrendes Gedenken bewahren.

Karlheinz Eichler, Vorsitzender


Johannes Mathesius im Internet

Um auch aktuelle Nachrichten und Beiträge zu veröffentlichen und um die neuen Möglichkeiten elektronischer Kommunikation zu nutzen, unterhält die Johannes-Mathesius-Gesellschaft - Evangelische Sudetendeutsche e.V. eine eigene Webseite. An der Internetadresse

finden Sie ein reichhaltiges Informationsangebot:

  • allgemeine Informationen über unseren Verein sowie aktuelle Einladungen und Berichte über die laufenden Aktivitäten,
  • Überblicksinformationen und wissenschaftliche Beiträge zur böhmisch-mährischen Reformationsgeschichte, zur Geschichte der Brüderunität und über die Deutsche Evangelische Kirche in Böhmen, Mähren und Schlesien zwischen 1919 und 1945
  • bleibend aktuelle Predigten und Vorträge von Oskar Sakrausky, Erik Turnwald u.a. aus nicht mehr zugänglichen Publikationen der Johannes-Mathesius-Gesellschaft und der ehemaligen Gemeinschaft Evangelischer Sudetendeutscher
  • unser Mitteilungsblatt Glaube und Heimat in einer elektronischen Fassung
  • Berichte und Kommentare zu Themen der deutsch-tschechischen Verständigung
Zahlreiche Beiträge werden auch in einer tschechischen Version angeboten.

Bitte sagen Sie interessierten Freunden und Bekannten, die Glaube und Heimat nicht beziehen und an unseren aktualisierten Themen interessiert sind, wie sie uns im Internet finden.

Christof Lange, Prag



Spenden für unsere Arbeit

Finanzielle Zuwendungen an unsere Johannes-Mathesius-Gesellschaft - Evangelische Sudetendeutsche e.V. sind steuerbegünstigt

Bereits in der Weihnachtsausgabe 2007 von Glaube und Heimat haben wir auf diese Tatsache hingewiesen. In der Zwischenzeit sind auch detaillierte Erläuterungen des Bundesfinanzministeriums zum neuen Steuerrecht veröffentlich worden. Hier noch einmal die wichtigsten Neuerungen:

Finanzielle Zuwendungen bis 200 EUR werden auch ohne besondere Spendenbescheinigung von den Finanzämtern steuerbegünstigend anerkannt, wenn der Steuerpflichtige die Zuwendung durch eine von der Bank abgestempelte Überweisungsdurchschrift und seinen Kontoauszug nachweisen kann.

Um Verwaltungs- und Portokosten zu sparen, werden wir bei Einzelzuwendungen bis zu diesem Betrag keine Spendenbescheinigungen ausstellen, sondern bitten Sie diese Nachweise gegenüber den Finanzämtern selbst zu führen.

Auf den Überweisungsvordrucken, die dieser Ausgabe von Glaube und Heimat beigefügt sind, ist auf der Rückseite erstmals die Anerkennung unserer Tätigkeit als gemeinnützig (wissenschaftlich) durch das Zentralfinanzamt in Nürnberg vermerkt.

Sollte jemand von Ihnen trotzdem eine Spendenbescheinigung benötigen, teilen Sie das bitte unserer Schatzmeisterin mit:

Johanna Gerstberger
Schumannstr. 28, 71640 Ludwigsburg
Telefon: 07141 - 87 58 17
E-Mail: mathesius@volny.cz

Für Zuwendungen von mehr als 200 EUR im Einzelfall oder von Zuwendungen im Kalenderjahr von insgesamt mehr als 200 EUR stellen wir nach Ablauf des Kalenderjahres unaufgefordert eine Spendenbescheinigung aus. Auch die Spendenbescheinigungen auf besondere Anforderung werden Ihnen erst nach Ablauf des Kalenderjahres zugehen.



Nachrichten aus Böhmen und Mähren


Ende des Kriegsgräber-Streits in Sicht

Daß die Beendigung des Streits um die Beisetzung der exhumierten deutschen Kriegstoten in der Zwischenzeit auch der tschechischen Seite wichtig ist, zeigt eine Meldung von Radio Prag vom 5. 3. 2008 unter dem Titel "Vertrag über Beisetzung in Cheb noch in diesem Monat".

Der Sender berichtet, daß wahrscheinlich noch im März der Vertrag zwischen der Stadt Eger und der Deutschen Kriegsgräberfürsorge über die Beisetzung der Überreste der Soldaten aus dem 2. Weltkrieg unterschrieben werden soll. Danach müßte der Stadtrat von Eger den Vertrag noch genehmigen. Es bleibe bei der vereinbarten deutschen finanziellen Beteiligung von 24,6 Millionen Kronen, was etwa 1 Million Euro entspricht, sagte der stellvertretende Bürgermeister von Eger, Michal Pospí¹il. Gemäß der bisherigen Vereinbarung soll der Soldatenfriedhof mit mehr als 4.000 Gräbern in Eger im Jahr 2010 entstehen.

Der tschechische Außenminister Karel Schwarzenberg hatte kürzlich bei einem Treffen mit seinen deutschen Amtskollegen zu der bevorstehenden Unterzeichnung gesagt: "Das war auch höchste Zeit, denn die Situation war schon etwas blamabel".

Johanna Gerstberger, Ludwigsburg


Ein Plan zur Entschädigung der Kirchen
in der Tschechischen Republik

Das Abgeordnetenhaus der Tschechischen Republik soll im Frühjahr dieses Jahres über ein Gesetz zur Entschädigung der Kirchen für das in der sozialistischen Zeit verstaatlichte Eigentum abstimmen.

Zwar kam es auch in der ehemaligen Tschechoslowakei nach der politischen Wende des Jahres 1989 in großem Maßstab zur Rückgabe verstaatlichen Eigentums, der umfangreiche Grundbesitz der römisch-katholischen Kirche aus der Zeit vor 1949 wurde dabei jedoch immer wieder ausgeklammert, da sich Staat und Kirche weder über einen Rückgabemodus noch über seine Bewertung für eventuelle Ersatzleistungen einigen konnten. Im Dezember 2007 legte der christdemokratische Finanzminister Miroslav Kalousek einen konkreten Plan zur Entschädigung für das 1949 enteignete Immobilieneigentum der Kirchen der Öffentlichkeit vor. Im Januar wurde der Rahmen für eine entsprechende Gesetzesvorlage vom Regierungskabinett beschlossen.

Nach dieser Regelung soll von Beginn des Jahres 2009 an über einen Zeitraum von 60 Jahren eine Summe von 83 Milliarden Tschechischen Kronen (3,3 Mrd. EUR) an die Kirchen ausbezahlt und dabei mit 4,85 Prozent jährlich verzinst werden, so daß die Kirchen im Ergebnis insgesamt 267 Milliarden Kronen (10,7 Mrd. EUR) als Kompensation für in der sozialistischen Zeit verstaatliches Kircheneigentum erhielten. Auf diesen Betrag hatten sich die Vertreter des Staates, der römisch-katholischen Kirche und der im Tschechischen ökumenischen Rat zusammengeschlossenen kleineren tschechischen Kirchen Ende letzten Jahres geeinigt.

Die Kirchen sollen auf diese Weise für einen Teil ihres einstigen Besitzes - Wälder, landwirtschaftlichen Nutzflächen, Wiesen und Fischteiche im Umfang von insgesamt 226.000 ha und im geschätzten Wert von 110 Milliarden Kronen - entschädigt werden. 1949 mußte die katholische Kirche und ihre Ordensgemeinschaften ihren gesamten Grundbesitz und Immobilien mit Ausnahme der Kirchengebäude und Pfarrhäuser abgeben. Der Staat übernahm im Gegenzug die Finanzierung der Pfarrergehälter.

Nach der politischen Wende hatte der Staat 1991 den verschiedenen christlichen Kirchen bereits den Großteil der enteigneten kirchlichen Gebäude zurückgegeben. Über das beachtliche Grundeigentum, das hauptsächlich die römisch-katholische Kirche und verschiedene Ordensgemeinschaften für sich beanspruchten, konnte aber unter den verschiedenfarbigen Regierungen der letzten 18 Jahre keine Einigung erzielt werden. Deshalb blieb auch bisher die Bezahlung der Pfarrergehälter durch den Staat als eines der vielen "ewigen Provisorien" in diesem Land erhalten.

Rückgabe oder Entschädigung?

Eine wesentliche Schwierigkeit bei den Verhandlungen zwischen Staat und Kirchen war neben der Frage der Bewertung auch die Tatsache, daß die betreffenden Grundstücke sich heute in den Händen ganz verschiedener Eigentümer befinden. Eine vollständige Rückgabe war also kaum denkbar. So wurden die Ansprüche der Kirchen zunächst detailliert erfaßt, und dann verschiedene Modelle für einen finanziellen Ausgleich zwischen Staat und Kirchen erarbeitet.

Die nun angekündigten Entschädigungszahlungen beziehen sich auf etwa zwei Drittel der Grundstücke und Immobilien, nämlich diejenigen, die seinerzeit den römisch-katholischen Diözesen und Pfarrgemeinden gehört hatten. Dagegen soll der einstige Besitz der Ordensgemeinschaften diesen nach Möglichkeit zurückgegeben werden. Der Staatssekretär für Kirchenfragen im Kulturministerium Jaromír Talíø erläuterte, daß von der Rückgabe an die Orden lediglich solche Grundstücke ausgenommen seien, die durch Kredite belastet sind oder heute militärisch genutzt werden. In diesen Fällen würde jedoch ebenfalls eine Entschädigung geleistet.

Die Ordensgemeinschaften machen sich bereits Gedanken darüber, wie sie das zurückgewonnene Eigentum nutzen werden. "Wir setzen nicht voraus, daß wir es gleich nach Erhalt wieder verkaufen. Besonders insofern es sich um Wälder handelt. Wir sind sehr wohl imstande diese auch bewirtschaften," erklärte nach Bekanntgabe des Planes P. Ale¹ Vandrovec vom Benediktinerkloster Bøevnov. Die Erträge sollten für die Instandsetzung der Gebäude verwendet werden.

Zustimmung des Parlaments steht noch aus

Zwar hat es in den letzten Jahren schon viele Vorstöße zur Neuordnung des Verhältnisses zwischen Staat und Kirche gegeben, aber zum erstenmal wird nun ein vollständiger Zeitplan für Rückgabe und Entschädigung des kirchlichen Eigentums vorgeschlagen. Trotzdem ist bis zur Verabschiedung des Gesetzes noch eine heftige Debatte zu erwarten.

Kritik aus den Reihen der sozialdemokratisch-kommunistischen Opposition, aber auch aus der konservativ-bürglichen ODS stößt sich dabei weniger an den 83 Milliarden, als an der enormen Summe von 267 Milliarden, die durch die Verzinsung über einen Zeitraum von 60 Jahren entsteht. Finanzminister Miroslav Kalousek (KDU-ÈSL) erklärte dazu: "Wenn Sie den Betrag auf Jahrzehnte verteilen, ist dies gar nicht so viel." Die Zahlungen würden für den gesamten Zeitraum automatisch zu mandatorischen Staatsausgaben, vergleichbar etwa den Ausgaben für die gesetzlichen Sozialleistungen. Die Notwendigkeit der Verzinsung ergebe sich aus der Tatsache, daß eine einmalige Zahlung den tschechischen Staatshaushalt bei weitem überfordern würde.

Obwohl die seit einem Jahr im Amt befindliche Regierung aus Konservativen, Christdemokraten und Grünen im Parlament nur über eine sehr dünne Mehrheit verfügt und Kritiker des Vorhabens durchaus mit Sympathie in der tschechischen säkularen Öffentlichkeit rechnen können, scheint eine Annahme des Gesetzes doch nicht unwahrscheinlich, denn ein solches Abkommen ist in der Tat Bestandteil des Koalitionsvertrags. Nur ein eventueller - in den letzten Monaten vielfach vorausgesagter, aber dank Überläufern aus den Reihen der der sozialdemokratischen Parlamentsfraktion bislang nicht eingetretener - Sturz der Regierung könnte den Ausgleich mit den Kirchen erneut auf unbestimmte Zeit hinausschieben.

Vorteile für den Staat

In der politischen Debatte dürfte entscheidend sein, daß die angestrebte Regelung auch dem Staat erhebliche Vorteile bringt.

Durch die Auszahlung der finanziellen Entschädigung entfällt die Blockade von Tausenden Hektar Grundbesitz und Immobilien, die sich zwar im Eigentum des Staates befinden, aber während der letzten 18 Jahre nicht privatisiert werden durften. Nach einem Ausgleich mit den Kirchen könnte der Staat endlich frei über sie verfügen. Deswegen drängen gerade auch Städte und Gemeinden, in deren Besitz viele verstaatlichte Grundstücke überführt wurden und die die Privatisierungseinnahmen zur Finanzierung ihrer Haushalte benötigen, auf eine Einigung mit den Kirchen.

Auf staatlicher wie auf kirchlicher Seite geht man außerdem davon aus, daß das jetzige Abkommen den Weg für eine wirtschaftliche Eigenständigkeit der Kirchen ebnet. Seit die kommunistische Regierung 1949 die Trennung von Staat und Kirche rückgängig gemacht hatte, werden die Pfarrgehälter sämtlicher registrierter Kirchen aus dem Etat des Kulturministeriums bezahlt - zur Zeit betragen diese Subventionen für alle Kirchen zusammengenommen ungefähr eine Milliarde Kronen jährlich. Diese Kosten müßten die Kirchen künftig selbst tragen.

Und schließlich geht auch ein gewisser Problemlösungsdruck von den in den letzten Jahren neu registrierten jungen christlichen Kirchengemeinschaften aus. Nach einer Frist von 10 Jahren haben diese nach heute geltendem Recht die Möglichkeit, die Finanzierung ihrer Geistlichen und ihrer zentralen Verwaltung durch den Staat zu beantragen. Dies beträfe in Kürze etwa auch die Zeugen Jehovas, die Mormonen und verschiedene islamische Verbände. Staatliche Subventionen für Sekten wäre der tschechischen Öffentlichkeit nun doch eher schwer zu vermitteln, selbst wenn die Zeugen Jehovas aus eigener Überzeugung nie Geld vom Staat annehmen würden.

Eine gemeinsame Regelung für alle Kirchen

Klar ist, daß es zur Trennung von Staat und Kirche langfristig keine Alternative gibt. Ein Ende der staatlichen Subventionen für die Pfarrergehälter und eine Umstellung der Finanzierung der Kirchen hätte allerdings einschneidende Folgen nicht nur für die römisch-katholische Kirche und ihre Ordensgemeinschaften, sondern für sämtliche christlichen Kirchen und Religionsgemeinschaften in der Tschechischen Republik. Würden die protestantischen Kirchen nicht in angemessener Weise an der Kompensationsregelung beteiligt, wären einige von ihnen durch den Ausfall der staatlichen Unterstützung in ihrer Existenz bedroht.

Der allergrößte Teil des verstaatlichten Eigentums gehörte der katholischen Kirche, die in der Tschechischen Republik 83 Prozent der Christen repräsentiert. Daher führte das Kulturministerium die Verhandlungen vor allem mit ihren Vertretern. Die im Tschechischen Ökumenischen Rat (ERC) zusammengeschlossenen nicht-römisch-katholischen Kirchen, die ebenfalls Listen von bisher noch nicht zurückgegebenen Grundstücken und Immobilien erstellt hatten, wurden in die Verhandlungen jedoch von Anfang an mit einbezogen, so daß der nun vorliegende Entwurf eine Regelung für alle an der beteiligten Kirchen vorsieht.

Für die Zeit von 60 Jahren sollen die Kirchen jährliche Zahlungen von über vier Milliarden Kronen erhalten. Dabei entfielen auf die römisch-katholische Kirche 3,55 Milliarden Kronen, auf die Tschechoslowakische Hussitische Kirche 189 Millionen, auf die Evangelische Kirche der Böhmischen Brüder 139 Millionen, auf die Orthodoxe Kirche 70 Millionen, die Brüderkirche 49 Millionen und die Föderation der jüdischen Religionsgemeinden 16 Millionen Kronen pro Jahr. Diese Zahlenverhältnisse entsprechen aber nicht der Höhe des von den verschiedenen Kirchen reklamierten Kirchenbesitzes. Legte man die bislang nicht zurückgegebenen Grundstücke zugrunde, dann müßten die Zahlungen für die nichtkatholischen Kirchen wesentlich geringer ausfallen. Hier handelt es sich vielmehr um ein Zugeständnis der römisch-katholischen Kirche an ihre kleineren Schwesterkirchen, die ihre Bemühungen um eine Lösung der Restitutionsfrage politisch mit unterstützt haben.

Sind die Kirchen vorbereitet?

Je aussichtsreicher ein Abkommen erscheint, desto drängender wird jedoch eine andere Frage: Was werden die Kirchen mit dem Geld anfangen? Wenn sich die zentralen Einnahmen der Kirche von einem Tag zum anderen vervielfachen, stellt das besonders die stark kongregationalistisch geprägten protestantischen Kirchen vor große Herausforderungen. So teilte etwa die Kirchenleitung der EKBB ihren Gemeinden am 11. Dezember mit, die sich abzeichnende Vereinbarung erfordere "eine Reihe rechtlicher Schritte".

Wie diese Schritte aussehen werden, weiß wohl zur Zeit noch niemand. Wird man die Pfarrergehälter erhöhen, die inzwischen wieder auf etwa 75 Prozent des tschechischen Durchschnittslohns abgesackt sind? Wird man außer den Pfarrern nun auch andere qualifizierte Mitarbeiter anstellen? Wer entscheidet darüber? Wird das Geld für die Instandsetzung und Erhaltung der Gebäude verbaut oder wird es gar irgendwo in der Kirchenbürokratie versickern?

Wie kann angesichts der plötzlichen Geldflut verhindert werden, daß die Eigenverantwortlichkeit der Gemeindeglieder, die durch den Rückbau der staatlichen Sozial- und Krankenversicherung, das Ende der Mietenregulierung und Preissteigerungen auf allen Gebieten unter zunehmenden Existenzdruck geraten, nicht nachläßt? Werden diejenigen, die sich ihr Salar (Kirchengeld) von der niedrigen Rente absparen müssen, noch genügend Verständis dafür haben, daß auch sie selbst ihr Schärflein beitragen müssen?

Kommt es zur Trennung zwischen Staat und Kirche?

Die angestrebte Vereinbarung stellt einen entscheidenden Schritt auf dem Weg zur Trennung zwischen Staat und Kirche dar. Die Frage des Kircheneigentums blockierte 18 Jahre lang eine Neuordnung der Beziehungen zwischen Staat und Kirche. Mit ihrer Lösung endet einerseits ein Kuriosum - nämlich daß in dem am meisten säkularisierten Land Europas das Personal der christlichen Kirchen vom Staat bezahlt werden. Andererseits kommen nun sicher andere Aspekte des Verhältnisses zwischen Staat und Kirche stärker in den Blick, etwa die Erhaltung der historisch wertvollen kirchlichen Gebäude, die Aktivitäten der Kirchen in der Armee, in den Gefängnissen, Krankenhäusern und staatlichen Schulen, die staatliche Begünstigung von kirchlichen Privatschulen und die Arbeit von Diakonien und Caritas, die auf Kooperation mit dem staatlichen Sozialsystem angewiesen sind. Selbst wenn die Hoffnungen auf die viele Jahre überfällige politische Einigung diesmal nicht enttäuscht werden, wird es im Verhältnis zwischen Staat und Kirchen in einem Land, von dessen Bevölkerung sich nur noch knapp über 30 Prozent zu einer christlichen Kirche bekennen, auch künftig sicher noch viele Reibungsflächen geben.

Christof Lange, Prag


Leben im Pfarrhaus

Das Gustav-Adolf-Werk weist in seinen neusten Mitteilungen Nr. 1/2008 auf eine interessante Neuerscheinung auf dem Büchermarkt hin:

Hanna Schillerová und Vera Luká¹ová, Leben im Pfarrhaus. Frauen in der Evangelischen Kirche der Böhmischen Brüder, Klappbroschur, 288 Seiten, mit Fotos, Preis: 10 EUR, ISBN 978-3-87593-099-3 erschienen im Verlag des Gustav-Adolf-Werks, Pistoristraße 6, 04229 Leipzig

In dem Buch berichten elf Pfarrfrauen und -töchter sowie Pfarrerinnen berichten über ihr Leben in den verschiedenen Phasen des 20. Jahrhunderts in der 1. Tschechoslowakischen Republik, unter verschiedenen Diktaturen und schließlich über die neuen Gestaltungsmöglichkeiten nach der samtenen Revolution.

Oberkirchenrat Gerhard Frey-Reininghaus, Ökumenereferent der EKBB in Prag schreibt über das Buch: "Es ist ein sehr persönliches Buch, das doch viel über die Kirche in der Diaspora, über die gesellschaftlichen Bedingungen und vor allem über den faszinierenden Glauben der Frauen erzählt."

Johanna Gerstberger, Ludwigsburg



Kirchengeschichtliche Themen


Wanderausstellung über David Zeisberger

"Der Indianerapostel genannt Ganoousseracheri und der Traum von den mährischen Indianern" ist der Titel einer Wanderausstellung, die anläßlich des 200. Todestages von David Zeisberger aus Zauchtel (1721-1808) im Laufe dieses und des nächsten Jahres an verschiedenen Orten Deutschlands zu sehen sein wird.


David Zeisberger (1721-1808)


"Wo sollen wir Zuflucht finden? Ach nur ein kleines Fleckchen Erde, wohin wir mit unseren Indiandern fliehen können. Die Welt ist weit genug. Von den Weißen, die sich Christen nennen, können wir keinen Schutz erhoffen. Unter den Heiden haben wir keine Freunde mehr."

Tagebucheintrag von David Zeisberger am 20. April 1782

Es handelt sich um ein Gemeinschaftsprojekt der Johannes-Mathesius-Gesellschaft - Evangelische Sudetendeutsche e.V. und des Vereins heimattreuer Kuhländler in Ludwigsburg. Bisher stehen folgende Termine fest:

28. 9. 2008 Eröffnung im Forum in Ludwigsburg im Zusammenhang mit dem Kuhländler Landschaftstreffens in der Patenstadt Ludwigsburg

29. 9. 2008
- Oktober 2008
Ausstellung im Kuhländler Archv mit Heimatstube, Stuttgarter Straße 62, Ludwigsburg

Februar-April 2009    Völkerkundemuseum in Herrnhut, Goethestraße 1

Mai-Juni 2009 Haus des Deutschen Ostens in München, Am Lilienberg 5

Sollten noch weitere Ausstellungsorte hinzukommen, werden wir darüber auf unserer Webseite und in der Weihnachtsausgabe 2008 informieren.


Rat an König Georg

Mit Unterstützung der Johannes-Mathesius-Gesellschaft konnte Anfang dieses Jahres die anonyme Denkschrift "Rat an König Georg die Verbesserung des Handelswesens in Böhmen betreffend. Ein nationalökonomischer Traktat aus dem 15. Jahrhundert" endlich im Druck erscheinen. Unser Mitglied Dr. Gerhard Messler besorgte die deutsche Übersetzung und wissenschaftliche Kommentierung dieses bisher nur auf tschechisch zugänglichen Quellentextes aus der zeit des Hussitenkönigs Jiøí z Podìbrad. Die Broschüre wurde zusammen mit der Osterausgabe an alle Bezieher von Glaube und Heimat versandt. Zugleich ist der Text auf der Internetseite der Johannes-Mathesius-Gesellschaft abrufbar:


Friedrich Reiser (1401-1458)

Erinnerung an den hussitischen Waldenser

Vor 550 Jahren, am 6. März 1458 wurde Friedrich Reiser zusammen mit seiner Gefährtin Anna Weiser im Bruch vor der Stadt Straßburg dem Feuertod übergeben.

Wer ist Friedrich Reiser? Er ist um 1401 in Taiting bei Donauwörth geboren. Einer Waldenserfamilie entstammend, erfährt er seine Ausbildung in Nürnberg bei dem Waldensermeister Hans von Plauen. Danach wirkt er im süddeutschen Raum und in Wien.

Während seines Aufenthaltes in Böhmen von 1428/30-1435 lernt er in Tabor und Prag den hussitischen Glauben kennen und er wird vom Hussitenbischof Nikolaus von Pilgram im Slawenkloster in Prag zum Priester und in Basel während des Konzils 1433 zum Bischof geweiht. Seit 1431 ist Reiser eingebunden in die theologischen Verhandlungen zwischen Rom und den Hussiten nach dem 5. erfolglosen Kreuzzug. So befindet er sich 1431 in der böhmischen Delegation, die an der Krakauer Universität erste Gespräche führen, die dann über die Verhandlungen in Eger zu den Kompaktaten auf dem Konzil zu Basel führen, in denen den Hussiten der Laienkelch kirchlicherseits erlaubt wird.

Danach führt ihn wieder eine weite missionarische Tätigkeit durch den süddeutschen Raum, die Uckermark und wiederholt nach Böhmen.

Am Ende des 12. Jahrhunderts gründete der Lyoner Kaufmann Petrus Waldes in Südfrankreich die nach ihm benannte Reformbewegung der Waldenser, in der sich Laien predigend den Armen der Gesellschaft zuwenden. Auch die Exkommunikation auf der Synode von Verona 1184 kann ihre Ausbreitung nicht verhindern. Trotz Verfolgung durch die Inquisition gelangen die Waldenser über Frankreich und Norditalien nach Deutschland und Österreich, und von da aus auch nach Böhmen.

Von Brandenburg ist eine Gruppe nach Nordmähren gezogen, im Gebiet von Fulnek haben sie sich niedergelassen, später wird Comenius ihr Seelsorger, auf seiner letzten Stelle vor dem Exil.

Auch in Südböhmen finden wir sie, besonders in der Gegend um Jindøichùv Hradec (Neuhaus). Mit den Rodungsarbeitern sind sie von Österreich eingewandert, trotz eines Kreuzzuges sind die Gefängnisse mit ihnen so überfüllt, daß man bis Prag um freie Plätze anfragen muß.

Manche meinten, diese Waldenser seien schon längst ausgerottet, als sich die böhmische Reformationsbewegung zu formieren beginnt.

Doch besonders stark sind sie in Prag vertreten, an der Schule zur Schwarzen Rose. Noch heute erinnert eine Tafel am Graben an sie. Vor allem aus Dresden sind sie gekommen. Friedrich Eppinge, Peter von Dresden, Nikolaus von Dresden (gest. 1417) hat Jacobellus von Mies (Jakoubek ze Støíbra) auf die Idee vom Laienkelch gebracht, dem Symbol der böhmischen Reformation.

Und die Böhmischen Brüder, haben sie nicht ihre Ordination von einem Waldenser, von Stephan von Basel, wie die Quellen berichten.

Die Waldenser haben keine Kathedralen gebaut, sie haben in Böhmen nichts hinterlassen können, was man derzeit als Kulturgut verwerten kann. Und trotzdem, durch ihren strengen Biblizismus, also ihrer Frage danach, welche christlichen Verhaltensweisen durch die Bibel legitimiert werden, haben sie einen enormen und bis heute umstrittenen Einfluß auf den Gang der reformatorischen Bewegung und damit auf die gesellschaftliche Entwicklung des Königreiches Böhmen ausgeübt. Dabei waren es gerade solche Theologen wie Reiser, bei denen es schwierig ist zu sagen, was sie eigentlich waren, deutsche Waldenser oder böhmische Hussiten.

Er war nicht der einzige Grenzgänger, immer wieder hat es Theologen gegeben wie der sächsische Edelmann Drändorf (1390-1425) oder Peter von Turnau oder Bartholomäus Rautenstock, die auf beiden Seiten der Grenze wirkten und die sich nicht in das System einordnen lassen, wie es im 20. Jahrhundert von einem völkischen Standpunkt sowohl auf deutscher als auch auf böhmischer Seite künstlich konstruiert wurde.

Nicht der einzige, wenn auch vielleicht der bedeutendste von diesen Theologen war Friedrich Reiser, dessen 550-ster Todestag zu begehen es sich lohnt, um mit ihm auf die Fehler der umstrittenen Vergangenheit hinzuweisen und damit einen weiteren Schritt in die gemeinsame theologische Zukunft zu gehen.

Horst Schinzel

Literatur: Jung, Andreas, Friedrich Reiser, hrsg. von W.E. Schmidt, Herrnhut 1915; De Lange, Albert / Tremp, Katrin, Friedrich Reiser und die "waldensisch-hussitische Internationale", Heidelberg 2006; Molnar, Amedeo, Die Waldenser, Freiburg 1993.


Balthasar Hubmaier (um 1480-1528)

Der Wiedertäufer aus Friedberg

"Unter allen Sekten, die von Luther ihren Ursprung genommen haben, hat keine ein schöneres Ansehen und eine grössere äusserliche Heiligkeit gehabt, als die der (mährischen) Wiedertäufer." Mit diesen Worten beginnt die Vorrede des Herausgebers der Geschichts-Bücher der Wiedertäufer in Österreich-Ungarn. Und Beck fährt fort: "Andere Secten sind zu dem meresten Theil fast aufrührisch, blutdürstig und fleischlichen Wollüsten ergeben, nicht so die (genannten )Wiedertäufer! Sie nennen sich unter einander Brüder und Schwestern, sie fluchen nicht, sie schelten nicht, sie schwören nicht , sie brauchen keine Wehr und im Anfang trugen sie auch keine Waffen. Sie schlemmen und prassen nicht, sie gebrauchen keine Kleider, die weltliche Pracht anzeigen, sie haben nichts Eigenes, sondern Alles in Gemein."

Einer der bedeutendsten Wiedertäufer ist Balthasar Hubmaier aus dem bayrischen Friedberg bei Augsburg. "Anno 1526 ist, nach viller verfolgung, von Waltzhut geen Nikolspurg im Märherlandt, komen: Doctor Walthasar Huebmaier, mit einer Menig volcks und den herrn von Lichtenstain, und alda ein gemain im geyst angefangen, mit grosser müe und arbait:" So beschreibt das Geschichtswerk der Hutterer den Beginn einer wiedertäuferischen Volkskirche in den liechtensteinischen Besitzungen in Nikolsburg/Mikulov, an der Poststrasse zwischen Brünn und Wien. "Da ist auch der Herr Leonhart von Liechtenstein, Herr auf Nikolspurg getaufft worden."

Lehrjahre

Zwischen 1480 und 1485 ist dieser große Gegner Habsburgs geboren. Er lernt auf der Augsburger Domschule. In Freiburg wird er 1510 Nachfolger von Eck als Direktor des Studentenkollegs Pfauenburse. Er folgt seinem Mentor Eck als Professor nach Ingolstadt und wechselt 1516 als Domprediger nach Regensburg. Das Geschichtswerk berichtet dann weiter, wie Hubmaier dort nicht nur zum Zeuge der Auseinandersetzungen mit der jüdischen Gemeinde wird. Hubmaiers Predigten richten sich nicht nur gegen jegliches Zinsnehmen, was der Lehre der Kirche entspricht, er scheint auch die antijüdische Stimmung aufzuheizen, denn man bringt seinen Fall 1518 vor den Reichstag und Hubmaier muß geloben, nicht an den Vorrechten der Juden zu rütteln. Es ist unterschiedlich bewertet worden, ob nun Hubmaier Motor oder Sprecher der Stimmung war, die zu den Ausweisungen im folgenden Jahr führte.

Als bei den Abrissarbeiten an der Synagoge ein Steinmetz verunglückt, und der Todgeglaubte wieder aufsteht, beginnt an dieser Stelle der Kult der "Schönen Maria", dessen Förderer Hubmaier zunächst ist, der dann aber anscheinend von dem Treiben abgestossen wird.

Waldshut

Anfang 1521 wechselt Hubmaier in das vorderösterreichische Habsburgerstädtchen Waldshut. Damit beginnt der entscheidende Lebensabschnitt. Spätestens 1523 wendet er sich der Reformation zu. Die Chronik fährt fort: "Ist von Huldrich Zwingle vom Römischen glaueben auff sein opinion gezogen worden."

Am Ende dieses Jahres fordert Habsburg erstmals eine Auslieferung Hubmaiers mit der Begründung, er sei lutherisch. Und jetzt beginnt der lange Einsatz dieser kleinen Stadt für ihrer Pfarrer. Zur Jahreswende missachtet man das Fastengebot, es ist die erste Überschreitung. Fronleichnam 1524 wird die Prozession zwar gehalten, jedoch wird das Altarsakrament ohne besonderen Schmuck getragen.

Mit dem nun drohenden Krieg mit Habsburg hatte Waldshut zwei mögliche Verbündete. Da waren die Bauern und der einsetzende Bauernkrieg. Und dann unterstützte Zürich die Stadt. Hubmaier selbst hält sich in Schaffhausen auf, derweilen man in Waldshut die Messe auf deutsch liest.

Das Jahr 1525 brachte Waldshut die Täuferreformation. Am 21.1. 1525 war es in Zürich zu den ersten Erwachsenentaufen gekommen. Zu Ostern werden 60 Erwachsene in Waldshut getauft. In Waldshut leitet Hubmaier dann ein "territoriales Täufertum". Wie in Zürich wird das Abendmahl in beiderlei Gestalt ausgeteilt.

Doch die Dinge werden zunehmend von außen bestimmt. Der Kaiser siegt über die Franzosen bei Pavia, dieser hat nun die Hände frei und die Schweizer mussten ihre Unterstützung zurückziehen. Am 5.12.1525 ziehen die habsburgischen Truppen in Waldshut ein, 100 Leute sollen mit Hubmaier aus der Stadt geflohen sein.

Nikolsburg

Nach einem schweren Jahr in Zürich zieht Hubmaier über Augsburg nach Nikolsburg/Mikulov in Mähren. Es spricht Vieles dafür, daß er einfach seine Haut retten wollte.

Hier hatte er seinen Drucker, und so sind viele seiner Werke in Nikolsburg gedruckt worden. In der Schrift "von der christlichen Taufe der Gläubigen" begründet er die Erwachsenentaufe, das Nachtmahl Christi wird als Gemeinschafts - und Gedächtnismahl gefeiert. Einen Katechismus hat er in Form eines Dialoges mit seinem Landesherrn verfaßt, genannt eine "christliche Lehrtafel". Darin werden die 10 Gebote aufgezählt, das Glaubensbekenntnis, die Erwachsenentaufe begründet und die brüderliche Strafe und der Bann besprochen. Daß ihm die Gemeindezucht wichtig war, sieht man an seinen Schriften "von der brüderlichen Strafe" und "von dem christlichen Bann". Schließlich ist er einer von denen, die von einer negativen Anthropologie ausgehen, wenn er von der brüderlichen Strafe schreibt: "Ye elter, ye böser. Es bessert sich nit, es bösert sich wol. Ye ölter, ye költer." Aber wie die Strafe nun genau aussah, da hatte er, wie alle auf diesem Gebiet tätigen, Probleme, das hat er letztlich offen gelassen. Da haben ihn Rigoristen kritisiert. Und keinesfalls hat er alle Bräuche verworfen, morgens, mittags und abends läuteten die Glocken.

In Mähren ist man in dieser Zeit sehr zwinglianisch. Man verwendet folgendes Bild, um den Sinn der Taufe und des Abendmahles zu verdeutlichen: Ein Kranz vor einer Haustür besagt, es ist ausgesteckt, das heißt, es wird Wein verkauft. Der Kranz jedoch enthält keinen Wein. Genauso sind die Sakramente lediglich Zeichen. Auch Hubmaier argumentiert ähnlich. Kindertaufe und das ohne Glauben empfangene Abendmahl werden damit verglichen, wenn ausgesteckt ist, es ist jedoch nur eine Ankündigung.

Die Geschichtsbücher der Wiedertäufer vermitteln auch etwas von den inhaltlichen Auseinandersetzungen der Wiedertäufer, besonders um das Schwert, also die Stellung zur weltlichen Obrigkeit. Ein Hans Hut ist es, der das Schwert ablehnt, die sog. "Stäbler;" im Schloß von Nikolsburg diskutiert man, Hut wird eingesperrt und dann gelingt ihm die Flucht. Hubmaier ist der führende Mann der "Schwertler", die Waffen und staatliche Gewalt, etwa gegen die nahenden Türken, nicht ablehnen.

Doch dann wird der Druck des Böhmischen Königs Ferdinand immer grösser. 1527 wird Leonhart zu Ferdinand zitiert, im nächsten Jahr liefert er Hubmaier aus. Von Wien wird Hubmaier auf die Burg Kreuzenstein bei Kornneuburg gebracht, dort entsteht 1528 seine letzte erhaltene Schrift, die "Rechenschaft des Glaubens". Am 10.3.1528 erleidet Hubmaier den Feuertod mit den Worten: "O mein himmlischer Vater, o mein gnädiger Gott." Drei Tage später wird seine Frau, eine Waldshuter Bürgertochter, in der Donau ertränkt. Von seinen mitgefangegen Anhängern unterwarfen sich alle bis auf zwei, die ebenfalls auf dem Scheiterhaufen enden. Nach 1529 ist keine Spur mehr von Hubmaiers Anhängern zu finden.

Die Geschichtswissenschaft hat es nicht leicht, das Phänomen der Wiedertäufer begrifflich zu fassen. Manche sprechen von Täufern, der radikalen Reformation oder der dritten Reformation. Viel zu unterschiedlich ist diese Bewegung neben der wittenbergischen und helvetischen Reformationsbewegung, als dass man sie wohl mit nur einem Namen benennen könnte. Und es ist wohl noch nicht das letzte Wort darüber gefallen, welchen Stellenwert darin Balthasar Hubmaier einnimmt.

Die Hutterer

1530 kommt ein Jacob Hutter aus Moos bei St. Lorenzen aus Tirol nach Nikolsburg. Nach ihm sollten sie benannt werden, die Hutterer, sie sind wehrlos und praktizieren Gütergemeinschaft.

1622 müssen die letzten Wiedertäufer Mähren verlassen. Sie gehen zunächst nach Siebenbürgen und 1767 werden sie von der Zarin Katharina der Großen in der Ukraine angesiedelt. Als 1874 in Russland auch für die Hutterer die Wehrpflicht eingeführt wird, wandern sie in den US-Bundesstaat South Dakota aus. Während des 1. Weltkrieges verkaufen die Hutterer ihre Ländereien und gehen nach Kanada. Noch heute bestehen rund 465 Hutterer-Kolonien mit 60-150 Mitgliedern, die ihren süddeutschen Dialekt bewahrt haben.

Horst Schinzel

Literatur: Beck, Josef, die Geschichts-Bücher der Wiedertäufer in Österreich-Ungarn 1525-1785, Wien 1883; Artikel Balthasar Hubmaier in Mennonitisches Lexikon; Bergsten, Torsten, Balthasar Hubmaier, Kassel 1961; Hubmaier, Balthasar, Schriften (Hg) Westin/Bergsten, Quellen zur Geschichte der Täufer IX, Heidelberg 1962.



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Redaktionsschluß für die Weihnachtsausgabe 2008: 1. November 2008 (Termin bitte unbedingt einhalten!)




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