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Friedrich ReiserErinnerung an den hussitischen WaldenserVor 550 Jahren, am 6. März 1458 wurde Friedrich Reiser zusammen mit seiner Gefährtin Anna Weiser im Bruch vor der Stadt Straßburg dem Feuertod übergeben. Wer ist Friedrich Reiser? Er ist um 1401 in Taiting bei Donauwörth geboren. Einer Waldenserfamilie entstammend, erfährt er seine Ausbildung in Nürnberg bei dem Waldensermeister Hans von Plauen. Danach wirkt er im süddeutschen Raum und in Wien. Während seines Aufenthaltes in Böhmen von 1428/30-1435 lernt er in Tabor und Prag den hussitischen Glauben kennen und er wird vom Hussitenbischof Nikolaus von Pilgram im Slawenkloster in Prag zum Priester und in Basel während des Konzils 1433 zum Bischof geweiht. Seit 1431 ist Reiser eingebunden in die theologischen Verhandlungen zwischen Rom und den Hussiten nach dem 5. erfolglosen Kreuzzug. So befindet er sich 1431 in der böhmischen Delegation, die an der Krakauer Universität erste Gespräche führen, die dann über die Verhandlungen in Eger zu den Kompaktaten auf dem Konzil zu Basel führen, in denen den Hussiten der Laienkelch kirchlicherseits erlaubt wird. Danach führt ihn wieder eine weite missionarische Tätigkeit durch den süddeutschen Raum, die Uckermark und wiederholt nach Böhmen. Am Ende des 12. Jahrhunderts gründete der Lyoner Kaufmann Petrus Waldes in Südfrankreich die nach ihm benannte Reformbewegung der Waldenser, in der sich Laien predigend den Armen der Gesellschaft zuwenden. Auch die Exkommunikation auf der Synode von Verona 1184 kann ihre Ausbreitung nicht verhindern. Trotz Verfolgung durch die Inquisition gelangen die Waldenser über Frankreich und Norditalien nach Deutschland und Österreich, und von da aus auch nach Böhmen. Von Brandenburg ist eine Gruppe nach Nordmähren gezogen, im Gebiet von Fulnek haben sie sich niedergelassen, später wird Comenius ihr Seelsorger, auf seiner letzten Stelle vor dem Exil. Auch in Südböhmen finden wir sie, besonders in der Gegend um Jindøichùv Hradec (Neuhaus). Mit den Rodungsarbeitern sind sie von Österreich eingewandert, trotz eines Kreuzzuges sind die Gefängnisse mit ihnen so überfüllt, daß man bis Prag um freie Plätze anfragen muß. Manche meinten, diese Waldenser seien schon längst ausgerottet, als sich die böhmische Reformationsbewegung zu formieren beginnt. Doch besonders stark sind sie in Prag vertreten, an der Schule zur Schwarzen Rose. Noch heute erinnert eine Tafel am Graben an sie. Vor allem aus Dresden sind sie gekommen. Friedrich Eppinge, Peter von Dresden, Nikolaus von Dresden (gest. 1417) hat Jacobellus von Mies (Jakoubek ze Støíbra) auf die Idee vom Laienkelch gebracht, dem Symbol der böhmischen Reformation. Und die Böhmischen Brüder, haben sie nicht ihre Ordination von einem Waldenser, von Stephan von Basel, wie die Quellen berichten. Die Waldenser haben keine Kathedralen gebaut, sie haben in Böhmen nichts hinterlassen können, was man derzeit als Kulturgut verwerten kann. Und trotzdem, durch ihren strengen Biblizismus, also ihrer Frage danach, welche christlichen Verhaltensweisen durch die Bibel legitimiert werden, haben sie einen enormen und bis heute umstrittenen Einfluß auf den Gang der reformatorischen Bewegung und damit auf die gesellschaftliche Entwicklung des Königreiches Böhmen ausgeübt. Dabei waren es gerade solche Theologen wie Reiser, bei denen es schwierig ist zu sagen, was sie eigentlich waren, deutsche Waldenser oder böhmische Hussiten. Er war nicht der einzige Grenzgänger, immer wieder hat es Theologen gegeben wie der sächsische Edelmann Drändorf (1390-1425) oder Peter von Turnau oder Bartholomäus Rautenstock, die auf beiden Seiten der Grenze wirkten und die sich nicht in das System einordnen lassen, wie es im 20. Jahrhundert von einem völkischen Standpunkt sowohl auf deutscher als auch auf böhmischer Seite künstlich konstruiert wurde. Nicht der einzige, wenn auch vielleicht der bedeutendste von diesen Theologen war Friedrich Reiser, dessen 550-ster Todestag zu begehen es sich lohnt, um mit ihm auf die Fehler der umstrittenen Vergangenheit hinzuweisen und damit einen weiteren Schritt in die gemeinsame theologische Zukunft zu gehen. Horst Schinzel
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