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Für unsere Jahrestagung 2009 wurde ein interessanter Ort in der
Oberlausitz in Ostsachsen ausgewählt: Herrnhut. Hier befindet sich die
Evangelische Brüderunität, von Graf Nikolaus von Zinzendorf vor ca.
300 Jahren zur Aufnahme von Exulanten aus Böhmen gegründet. In dieser
christlichen, historischen, barocken Atmosphäre fand unsere Tagung statt,
mit dem Hauptthema "Die Deutsche Evangelische Kirche in Böhmen,
Mähren und Schlesien (DEKiBMS)". |
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Blick auf den Kirchtum des Betsaals.
Im Vordergrund die Erinnerungsstätte
an die Gründung der Einrichtung
des Grafen Zinzendorf
(Foto: J.Gerstberger)
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Am Samstag, 2. Mai 2009, nach der Morgenandacht erwarteten die Teilnehmer gespannt die interessanten Vorträge zu dem Tagungsthema. Sie wurden von Professor Dr. Karl Schwarz aus Wien zur Situation der Sudetendeutschen nach dem 1. Weltkrieg und der Gründung der Deutschen Evangelischen Kirche in Böhmen, Mähren und Schlesien begonnen. Die Überschrift "Entösterreichern" führte uns in den Protestantismus in Tschechien nach dem Zerfall der Habsburger Monarchie. Nach reger Diskussion waren sich die Teilnehmer einig, dass dieser Vortrag von Professor Schwarz auch auf der Gedenkveranstaltung in Prag gehalten werden soll.
Mit Zustimmung und Freude wurde die persönliche Zusammenstellung von Frau Johanna Gerstberger zur Gründung der DEKiBMS aufgenommen mit dem Titel "Die vertriebenen Gemeindeglieder der Deutschen Evangelischen Kirche in Böhmen, Mähren und Schlesien - ihr Erbe und Auftrag heute."
Mit den Berichten von Dr. Dermattio - Bayerisches Hauptstaatsarchiv München -, Dr. Morée - Karlsuniversität Prag - sowie Herrn Schinzel, München wurde über die Archivunterlagen, die jetzt in Prag und München lagern, informiert. Die sich daraus ergebenden weiteren Auswertungen, auch zur Gründung und den schwierigen Anfängen der DEKiBMS, wurden beraten und abgestimmt.
Über die weitere Tätigkeit unserer Gesellschaft wurde im Anschluss beraten.
Für den Nachmittag war eine Führung in Herrnhut vorgesehen, um die Institutionen der Brüderunität kennen zu lernen. Dabei erfuhr der romantische Friedhof auf einer Anhöhe mit Aussichtsturm besondere Beachtung. Aufgesucht wurden auch die Besonderheiten der näheren Umgebung wie das Schloss des Grafen Zinzendorf sowie Einrichtungen der Diakonie.
Eine besondere Überraschung ergab sich aus dem Besuch der Familie Günter und Rita Hillmann aus Oedran in Sachsen als Nachfahren unseres Namenspatrons Johannes Mathesius, der bekanntlich ein gebürtiger Sachse war. Die Nachfahren legten in einer Dokumentation dar, wie die bekannte Familie seit Generationen in Sachsen lebt mit Familienzweigen in Mecklenburg.
Resümee über die Tagung wurde am Abend der Begegnung in gemütlicher Runde gezogen.
Nach dem Gottesdienst am Sonntag, 3. Mai 2009, in der ehrwürdigen und hellen Saalkirche der Brüderunität konnten die Teilnehmer erbaulich die Heimreise nach Tschechien, Österreich und Deutschland antreten.
Karlheinz Eichler, Leipzig
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Graf Nikolaus von Zinzendorf im Garten
des Betsaals in Herrnhut
(Foto: J.Gerstberger)
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Traditionsgemäß fand die Mitgliederversammlung am Vortag der Jahrestagung in der Zeit von 16.00 bis ca. 20.00 Uhr statt.
Teilnehmer waren: H. Schinzel, München; Prof. Dr. K. Schwarz, Wien; Familie F. Reinholz, Griesheim; Pfr. L. Libal, Eger, Pfr. CH. Lange, Prag; Pfr. Pavel Kuèera, Asch; J. Gerstberger, Ludwigburg; Dr. H. Demattio, München; K. Eichler, Leipzig
Nach der Begrüßung durch den Vorsitzenden wurde im ehrenden Gedenken unserer Verstorbenen Mitglieder gedacht. Besonders unser langjähriges Mitglied Herr M.A. Rainer Schmelzle wurde ehrend hervorgehoben. Wir werden ihn nicht vergessen.
- Ein Teil der Tagungskosten wird künftig von den Teilnehmern selbst getragen.
- Die Mitteilungen "Glaube und Heimat" sollen künftig nur an Ostern erscheinen
- Die Kollekte beim Sudetendeutschen Tag soll in Zukunft für den Verein genutzt werden.
- In der Weihnachtsausgabe von "Glaube und Heimat" soll eine Umfrage gestartet werden, wer künftig lediglich mit einer digitalen Übermittlung unserer Zeitschrift, die auf dem PC ausgedruckt werden kann, einverstanden ist. Dies würde für uns eine erhebliche Kostenentlastung beim Versand bedeuten.
Der Vorstand und die Schatzmeisterin wurden einstimmig entlastet.
- Herr Karlheinz Eichler, Vorsitzender
- Herr Horst Schinzel, 1. stellvertretender Vorsitzender
Die Stelle des 2. stellvertretenden Vorsitzenden bleibt unbesetzt.
Karlheinz Eichler, Leipzig
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Ehepaar Günter und Rita Hillmann
aus Oedran/Sachsen bei ihrem
Besuch in Herrnhut
(Foto: K.Eichler)
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Am 24. und 25. Oktober 2009 hatten die Evangelisch-lutherische Kirche in der Tschechischen Republik und die Mathesiusgesellschaft in die Prager Michaelskirche eingeladen. Am Sonnabend gab der Wiener Historiker Univ.-Prof. Dr. Karl Schwarz in einem Vortrag einen Überblick über die Geschichte der Deutschen Evangelischen Kirche in der ersten Tschechoslowakischen Republik. Am Sonntag erinnerten slowakische, tschechische und deutsche Evangelische in einem dreisprachigen Gedenkgottesdienst an den Weg der deutschen Lutheraner in Böhmen, Mähren und Schlesien.
Die nur 26jährige Geschichte der DEKiBMS ist heute in der deutschen wie in der tschechischen Öffentlichkeit weitgehend unbekannt. Nach dem ersten Weltkrieg und dem Zerfall der Donaumonarchie trennten sich auch die Wege der in Böhmen, Mähren und Schlesien lebenden Protestanten. 1918 verbanden sich die tschechischen Reformierten und Lutheraner zur Evangelischen Kirche der Böhmischen Brüder, und ein Jahr später, im Oktober 1919 gründeten die verbliebenen deutschsprachigen Gemeinden der evangelischen Toleranzkirchen eine Deutsche evangelische Kirche in der Tschechoslowakischen Republik. Bis zur Vertreibung der Deutschen aus der Tschechoslowakei bot diese den vor allem in den Grenzgebieten zu Österreich, Deutschland und Polen lebenden deutschen Lutheranern eine Heimat.
Auch der Ort der diesjährigen Gedenkveranstaltung war mit Bedacht gewählt. An St. Michael in der Gerbergasse hatten die deutschen Lutheraner ihren Sitz bereits seit dem Toleranzpatent Josefs II. Da diese Gemeinde zunächst die einzige Toleranzgemeinde in Prag blieb, fanden hier nicht nur deutsche, sondern auch tschechische Evangelische Zuflucht. Ohne Rücksicht auf Sprache und Nationalität unterstützten sich Lutheraner und Reformierte hier gegenseitig. Aus der Prager Gemeinde stammte auch der spätere Bischof der Evangelischen Kirche A.u.H.B. in Österreich Oskar Sakrausky (1914-2006), der in der Deutschen Evangelischen Kirche als Vikar wirkte.
Nach dem Krieg zogen in das vom Staat konfiskierte Kirchengebäude erneut Lutheraner ein - nun aber slowakischer Nationalität. Die Slowakische ev.-luth. Kirche fand hier einen Versammlungsort für ihre in der Hauptstadt lebenden Mitglieder. Nach der Teilung der Tschechoslowakei 1993 wurde aus dieser Gemeinde eine selbständige Kirche, die ähnlich wie andere kleinere evangelische Kirchen in neuester Zeit ein bemerkenswertes Wachstum verzeichnen kann. Auch die nach der politischen Wende gegründete Deutschsprachige Evangelische Gemeinde Prag feierte ihre Gottesdienste von 1991-1993 an St. Michael zu Prag, bevor sie 1994 in die Evangelische Kirche der Böhmischen Brüder (EKBB) eingegliedert wurde.
Der von Superintendent Dr. Du¹an Tillinger geleitete Abendmahlsgottesdienst am Sonntag wurde in drei Sprachen gefeiert. Die deutschsprachigen Bibellesungen übernahmen Fritz Reinholz, Horst Schinzel und Prof. Karl Schwarz. Über dem Gedenken an den Weg der deutschen Lutheraner in der Tschechoslowakei standen Bibelverse aus dem 1. Korintherbrief:
Der aus der Nordelbischen ev.-luth. Kirche stammende und 19 Jahre lang in der Evangelischen Kirche der Böhmischen Brüder tätige Pfarrer Christof Lange beschrieb in seiner Predigt, wie sich die evangelischen Kirchen nach dem ersten Weltkrieg entlang der Sprachen- und Nationalitätengrenzen getrennt und voneinander entfernt hatten, wie von der deutschen Minderheit in der Tschechoslowakei die deutsche Sprache und Nationalität zunächst als schützende Mauer angesehen wurde und wie die Ausgrenzung durch den tschechoslowakischen Staat und faschistische Propaganda die deutsche Kirche schließlich in den Sog des Nationalsozialismus brachten. Ebenso absurd, wie die Vorstellung, daß das Auge zur Hand sagt 'Ich brauche dich nicht', seien Christen, die ihren Mitchristen durch Worte und Taten die Botschaft vermitteln 'Ich brauche dich nicht'. Sie verlören damit selbst ihren Anteil am lebendigen Leib Christi, den Christus ihnen in der Taufe geschenkt hat. Nicht ein nationales, politisches oder kulturelles Gemeinschaftsgefühl sei es, was die Glieder der Kirche zusammenhalte, sondern die Einladung und leibliche Gegenwart Jesu Christi an seinem Tisch. Von ihm empfingen sie die Vergebung ihrer Schuld, sein Geist gebe ihnen den Mut, Gegensätze, Konflikte und Feindschaft zu überwinden. Und Christus erwarte von ihnen auch, daß sie aus den schützenden Mauern der Kirche hinausgingen, um das Evangelium allen Völkern bekanntzumachen.
Ein weiterer Höhepunkt des Gottesdienstes, der ebenfalls die Bedeutung der Einladung Christi für die Gemeinschaft verschiedener Völker und Nationalitäten am einen Leib hervorhob, war die feierliche Einweihung des neuen Altarbildes der Michaelskirche. Das ursprüngliche Altarbild der deutschen evangelischen Gemeinde, ein Werk des Preßburger Malers und Radierers Adam Friedrich Öser (1717-1799) war am Ende des Zweiten Weltkriegs verlorengegangen. Eine schon vorher angefertigte Kopie wurde 1992 bei einem Einbruch in die Kirche gestohlen und durch ein gerahmtes Kruzifix ersetzt. Daß nun endlich Abhilfe geschaffen wurde, ist wiederum einem ehemaligen Gemeindeglied aus der Deutschen evangelischen Kirche zu verdanken. Als der nach dem Zweiten Weltkrieg nach Kanada ausgewanderte Jaroslav Jarsch vom Verlust des Bildes erfuhr, kontaktierte er in Kanada den Künstler Vasil Chlebovski und ließ nach Fotografien ein neues Bild anfertigen, das das ursprüngliche Abendmahlsmotiv wieder aufnahm. Zu seiner Einweihung hielt Jaroslav Jarsch, der mit seiner gesamten Familie nach Prag gekommen war, eine beeindruckende Ansprache.
in der Michaelskirche
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Das in Tschechien lange Zeit verdrängte Erbe der Deutschen evangelischen Kirche in der Tschechoslowakei ist in diesem Jahr wieder ins Gespräch gekommen. Auch die evangelischen Kirchenhistoriker und Fakultäten sind inzwischen auf das Thema aufmerksam geworden. Darauf, daß die Gedenkveranstaltung an der Michaelskirche sicher keine einmalige Aktion bleiben wird, deutet nicht zuletzt auch die rege Publikationstätigkeit der Luthergesellschaft hin, die bereits im November eine neue wissenschaftliche Arbeit zur Geschichte des Luthertums in Böhmen, Mähren und Schlesien vorstellte.
Christof Lange, Prag
Videodokumentation zur GedenkveranstaltungVon dem Gottesdienst am 25. Oktober in der Prager Michaelskirche, der an die Gründung der "Evangelischen Kirche in der Tschechoslowakei" am 25. 10. 1919 in Turn erinnerte, gibt es eine Videoaufzeichnung auf CD-ROM. Sie kann zum Selbstkostenpreis von 10 Euro (zahlbar auf das Konto 5110173 bei der Evangelischen Kreditgenossenschaft, BLZ 520 504 10) bestellt werden bei:
E-mail: geron.kanzlei@t-online.de
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Christof Lange, Prag
Das Jubiläumsjahr wird weltweit mit kirchlichen und kulturellen Veranstaltungen, Tagungen und Ausstellungen als Höhepunkt der Lutherdekade gefeiert werden.
Dem Lutherischen Weltbund (LWB) ist wichtig, im Prozess der Planungen und Vorbereitungen auf das große Jubiläum 2017 vor Ort in Wittenberg präsent zu sein. Es ist wichtig, die Mitgliedskirchen des LWB in die Vorbereitungen des Jubiläums einzubeziehen, damit dieses Ereignis seiner Bedeutung gemäß weltweit wahrgenommen und begangen wird.
In Wittenberg besteht seit diesem Herbst ein eigenes LWB-Zentrum. Es wird geleitet von Direktor Hans W. Kasch und hat seinen Sitz: Schlossplatz 1 d, 6886 Wittenberg, Tel. 03491 - 69 54 84, Fax 03491/69 54 85, E-Mail: kasch@dnk-lwb.de.
Das Zentrum steht auch für Besucher von Wittenberg und seiner reformatorischen Gedenkstätten zur Verfügung. Es gestaltet u.a. Aufenthalte und vermittelt Teilnahmemöglichkeiten an Seminaren. Interessenten wenden sich bitte unmittelbar an die genannte Kontaktadresse.
Wir werden in unseren nächsten Ausgaben immer wieder über interessante Vorgänge und Vorbereitungen der Lutherdekade berichten
Johanna Gerstberger, Ludwigburg
Die Predigt des erimitierten Synodalseniors der EKBB in Tschechien, Dr. Pavel Smetana. Prag, über den Text aus Matthäus 23,8: "Christus spricht: Einer ist euer Meister, ihr aber seid alle Brüder" traf jeden von uns tief in seinem Innersten. Keiner konnte sich der Wirkung folgender Gedanken entziehen:
"Liebe Brüder und Schwestern, wir sind in die Stadt Eger gekommen, dessen dunkle Geschichte in jeden ihrer Steine geschrieben ist, in jedes Sandkörnchen, gerade wie in die menschlichen Seelen. Wir sind in diese Stadt gekommen als Menschen mit einer Vergangenheit, die kein anderer kennt als Gott. Wir sind mit unseren Vorstellungen darüber gekommen, was Versöhnung bedeutet und was sie kostet. Und hier begegnet uns Christus und nennt uns Brüder und Schwestern. Er nennt uns zuerst seine Brüder und Schwestern und dann Brüder und Schwestern von- und füreinander (.......). Er stellt uns unsere eigene Schuld und die Schuld unserer Väter und Mütter vor Augen. Es ist keiner unter uns, der sagen könnte, das betrifft mich nicht. (......) Aber Christus will uns in eine neue Schöpfung verwandeln. Er ist Anfang, Mitte und Ende unseres Lebens, damit wir in ihm als Brüder und Schwestern miteinander leben und Gemeinschaft haben können"
Der Predigt schloss sich ein Totengedenken für die deutschen und tschechischen verstorbenen Gemeindeglieder der Friedenskirchengemeinde seit ihrer Gründung an, gesprochen von der Verfasserin dieses Berichtes.
Eine besondere Überraschung erlebten alle Anwesenden am Schluss des Gottesdienstes. Reichskanzler Fürst Bismarck und Graf Beust schenkten der evangelischen Gemeinde zur Einweihung der Friedenskirche einen silbernen Abendmahlskelch. Er trug, von einem Eichen- und Lorbeerkranz umrahmt die Inschrift: "Der Evangelisch-lutherischen Kirche zu Eger durch Ehrengaben der Reichskanzler Fürsten Bismarck und Grafen Beust am 5. Oktober 1871 gestiftet."
Auf diesen Abendmahlskelch war die deutsche Gemeinde besonders stolz gewesen. Nach der Vertreibung der deutschen Gemeindeglieder hat seit nahezu 64 Jahren niemand mehr diesen Kelch gesehen. An diesem Jubiläumssonntag konnte er jedoch der Gemeinde präsentiert werden. Bei Räumung des Pfarrhauses vor dem Einzug von Pfarrer Marek Ry¹ánek wurde er auf dem Dachboden des Pfarrhauses unter einem Holzverschlag gefunden. Die Tarnung durch diesen Verschlag war so perfekt, dass dieser auch bei der grundlegenden Renovierung des Pfarrhausdaches vor vielen Jahren nicht entdeckt wurde. Es wird immer ein Geheimnis bleiben, wer diesen Abendmahlskelch so sicher versteckt und damit für die nachfolgenden Generationen gerettet hat. Es muss jemand gewesen sein, der die historische Bedeutung und den Wert dieses Kelches für die Gemeinde kannte.
Obwohl dieser Kelch schon im Herbst 2008 entdeckt wurde, wartete man mit der Präsentation bis zum 28. Juni 2009. Der Anlass konnte nicht schöner sein: Deutsche und Tschechen erinnerten sich gemeinsam an den Beginn der Versöhnungsarbeit vor zehn Jahren. Die deutschen Gemeindeglieder sollten auch die erste Präsentation dieses so lange vermissten Abendmahlskelches im Gottesdienst der Friedenskirche miterleben. Die Freude über diesen nach Jahrzehnten wiedergefundenen Abendmahlskelch war bei allen Gottesdiensteilnehmern sehr groß, gleichzeitig aber auch die Erleichterung darüber, dass jeglicher Verdacht, dieser wertvolle Kunstgegenstand könnte nach der Vertreibung der Deutschen von Unbekannten entwendet worden sein, damit für alle Zeiten ausgeräumt ist.
Nach einem gemeinsamen Mittagessen trafen sich Gastgeber und Gäste zu einem halbstündigen Orgelkonzert von Hermann Bohrer aus Wunsiedel in der Friedenskirche. Der Organist berichtete den Zuhörern, dass die Egerer Orgel die einzige Steinmeyer-Orgel ist, die nicht modernisiert wurde und daher noch heute ihren ursprünglichen Klang hat. Es bleibt zu hoffen, dass dieser hervorragende Klang dieses Instruments noch lange so erhalten bleibt. Das Konzert führte die Zuhörer durch bekannte und weniger bekannte klassische Orgelkompositionen von Bach, Charpentier, Mozart und Mendelssohn bis zu Improvisationen zu Kirchenliedern von Hermann Bohrer, die er als Wunschkonzert nach Vorschlägen der Zuhörer gestaltete.
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Blick auf den Turm der Friedenskirche in Eger
(Foto: J.Gerstberger)
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Bevor die meisten deutschen Gemeindeglieder wieder die Heimreise antreten mussten, war man sich einig: im kommenden Sommer treffen wir und wieder zu einem Versöhnungsgottesdienst in der Friedenskirche.
Johanna Gerstberger, Ludwigsburg
Mit der Industrialisierung nahm der Ort nicht nur seinen wirtschaftlichen Aufschwung, es kommt auch zu sozialen und nationalen Spannungen. Es herrscht im industriell hoch entwickelten nordwestböhmischen Braunkohlegebiet im Jahr 1899 eine aufgebrachte Stimmung. Deutsche und tschechische Sozialdemokraten demonstrieren - getrennt. Der Teplitzer Magistrat muss aus Prag um Truppen bitten.
Anscheinend reicht der nur wenige Kilometer entfernte Teplitzer Basilikabau aus dem Jahre 1864 gewissen Kreisen nicht aus, zumal man auch mit einem katholischen Kirchenbau rivalisiert. Am 23. Juni wird ein evangelischer Gottesdienst in einem angemieteten Beetsaal abgehalten. Da sich dieser Raum schon bald als zu klein erwies, wurde noch im selben Jahr mit reichsdeutscher Unterstützung eine Holzbaracke errichtet. Am 18.8 nahm Vikar Paul Klein seinen Dienst auf.
Einen ausgeschriebenen Wettbewerb, in dem zahlreiche Modelle entstanden, gewann das Architektenduo Schilling und Graebner aus Dresden, sodass bereits am 11.10 mit der Grundsteinlegung der Bau beginnen kann. 1902 wird das Turmkreuz auf den 70 Meter hohen Turm gesetzt. Gesammelt wird für die Christuskirche anscheinend im gesamten protestantischen Europa.
Doch dann gerät der Bau ins Stocken und es kommt zu einem Baustopp. Offenbar katholische Kreise aus Prag betreiben sogar einen Zwangsverkauf, der nur durch massive finanzielle Hilfen der Gustav-Adolf-Stiftung verhindert werden kann.
Zu diesen finanziellen Sorgen gesellen sich seelsorgerische Probleme. Die Regierung in Wien verweigert dem reichsdeutschen Vikar Klein die Einbürgerung. Klein wird von seiner Gemeinde geliebt und verehrt, muss aber noch im Jahre 1904 seinen Dienst beenden und in das Deutsche Reich zurückkehren,
Klein ist in Turn deshalb so geschätzt, weil er als exponierter Vertreter der "Los von Rom Bewegung" gilt, durch die die Gemeinde enormen Zulauf erhalten hat. Diese Bewegung innerhalb der Habsburgermonarchie entstand nach der fehlgeschlagenen Sprachenverordnung des Ministerpräsidenten Badeni im Jahre 1897. Für das Gebiet Böhmens des cisleithanischen Teilstaates der Habsburgermonarchie, sah sie vor, dass Staatsbeamte in Böhmen sowohl Deutsch als auch Tschechisch in Wort und Schrift beherrschen müssten. konnte sich jedoch nicht durchsetzen. Die Auseinandersetzungen um diese Sprachverordnung führten zur sog. "Los von Rom Bewegung". In ihr ging es darum, dass der Katholischen Kirche eine Sympathie für diese Sprachverordnung unterstellt wurde, deshalb riefen bestimmte deutsch-nationale Kreise zum Austritt aus der katholischen Kirche auf. Tatsächlich folgten diesem Aufruf Tausende in ganz Österreich, die Bewegung selbst nahm zusehend zersetzende und staatsfeindliche Züge an.
Als sich auf den Trümmern der Habsburgermonarchie die Auflösung der Evangelischen Kirche A.B. u. H. B vollzog, kam es zur Gründung einzelner "Töchterkirchen", so "der Not gehorchend, nicht dem eigenen Triebe", wie es bei der Gründung in der Christuskirche am 25.10.1919 heißt, zur Gründung der "Deutschen evangelischen Kirche in der tschechischen Republik". 1924 muss der Name abgeändert werden in "Deutsche Evangelische Kirche in Böhmen, Mahren und Schlesien". Der "verfassungsgebende" Kirchentag vom 5. -7.11.1920, wiederum in der Christuskirche, legte die lutherische Orientierung dieser Kirche fest.
Bei der Volkszählung 1930 ergibt sich für Turn eine Einwohnerzahl von 16.551, als Deutsche bezeichnen sich 11.349, als Tschechen 4.191. Davon geben 11.603 an römisch katholisch zu sein, 2.483 konfessionslos und 1.567 evangelisch.
1942 wird Turn (Trnovany) nach Teplitz-Schönau eingemeindet, was 1945 rückgängig gemacht wird. 1947 wird Trnovany wieder verwaltungstechnisch mit Teplice-©anov verbunden.
Nach der Abschiebung der deutschen Bevölkerungsmehrheit kommt es durch die Neubesiedelung des Grenzgebietes zu einer häufigen Nutzungsänderung. Bis zum Jahre 1964 ist die Kirche im Besitz der Evangelischen Kirche der Böhmischen Brüder, dann geht sie in die Verfügungsgewalt der Tschechoslowakisch Hussitischen Kirche über. Bereits 1966 wird der Kirchenbau ein Volkseigener Betrieb. Zusehends verfällt der Bau. Nach einem Brandschaden wird das Gebäude 1973 abgerissen. Innerhalb der Jahre 1981-1988 verschwindet die historisierende Jugendstil-Architektur in Trnovany, sie ist lediglich in den Sammlungen des Regionalmuseums in Teplice erhalten.
Das Gebäude steht nicht mehr. Auch wenn unserer Generation diese problematische Verquickung von Glaube und Nationalismus unserer Großväter sehr fremd ist, so ist uns doch aufgetragen, Ursachen und Wirkungen dieser theologischen Vorstellungen gemeinsam mit den Brüdern tschechischer Sprache theologisch aufzuarbeiten.
Seelsorgerisch versorgt wird Trnovany heute von der Gemeinde der Evangelischen Kirche der Böhmischen Brüder von Teplice aus. Der sonntägliche Gottesdienst beginnt um 9.30 Uhr. (teplice@evangnet.cz)
Horst Schinzel, München
H. Malcomess: Die Entwicklung des protestantischen Kirchenbaus der Dresdner Architekturfirma Schilling und Graebner zwischen 1899 und 1917, Seminararbeit, Dresden 2001
O. Sakrausky, Die Deutsche Evangelische Kirche in Böhmen, Mähren und Schlesien, 1989ff
Neue Dresdener Architektur, Bauten von Schilling & Graebner, I., II., Dekorative Kunst, 1904
An dieser Gemeinschaftsaktion der Ausstellung unter maßgeblicher Leitung der Johannes-Mathesius-Gesellschaft haben sich der Verein Heimattreuer Kuhländler e.V. sowie die historisch-heimatkundliche Geselllschaft Moravian in Zauchtel an der Oder beteiligt. In Herrnhut haben uns das Unitätsarchiv und Völkerkundemuseum Herrnhut unterstützt.
Bei der Eröffnungsveranstaltung am 17. Juni 2009 hat unser Vorstandsmitglied Herr Horst Schinzel aus München, als maßgeblicher Initiatior der Ausstellung einen sehr interessanten Vortrag über die damalige Situation in Nordamerika und über die heute noch möglichen Auswirkungen gehalten. Die ca. 35 Teilnehmer, meist aus dem Freistaat Sachsen, waren sehr angetan und überrascht von den dargestellten Schlussfolgerungen sowie dem dokumentierten Aufopferungswillen der evangelischen Missionare für die Verbreitung des Wortes Gottes.
Nach Grußworten des zuständigen Pfarrers der Gemeinde sowie des Vorsitzender unserer Gesellschaft wurde bei böhmischem Wein die Ausstellung in den frisch renovierten Räumen des Berthelsdorfer Schlosses nochmals von allen Besuchern gewürdigt.
Besonderer Dank gilt besonders der Evangelischen Gemeinde in Berthelsdorf, welche die Ausstellung im noch in Renovierung befindlichen Schloss ermöglichte, sowie Herrn Horst Schinzel, er in mühe- und aufopferungsvoller Arbeit die Ausstellung zusammengestellt hat.
Karlheinz Eichler, Leipzig
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Eröffnung der Zeisbergerausstellung
in Berthelsdorf durch Horst Schinzel
(Foto: K.Eichler)
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Während der Sommerferien fand ein einwöchiges Jugendlager in Korschenbroich/Mönchengladbach mit abschließendem Familiengottesdienst statt (Materialien hierüber können bestellt werden bei: reinhild.Aepfelbach@gmx.de).
In den USA begann die Zeisberger-Ausstellung in Lititz (Pennsylvanien). In der dortigen Gemeinde verfasste Zeisberger einen Teil seiner Werke, als er wegen der Indianerkriege seine Missionsarbeit nicht ausüben konnte.
Ab September war die Ausstellung an den Wochenenden in Gemeinden der Moravian Church in verschiedenen Stadtteilen von New York City zu sehen. Die Moravian Church of North America besitzt in jedem New Yorker Stadtteil eine eigene Gemeinde, deren Mitglieder mittlerweile nahezu ausnahmslos Schwarze sind. Zeisberger verbrachte mehrere Wochen in New York im Gefängnis, dort erlernte er die Iroquesensprache.
Im Herbst fand die fünfte Moravian Konferenz in Zauchtel statt. Über sie wird demnächst ein Tagungsband erscheinen. Ebenfalls bis zum nächsten Sommer wird die Zeisberger-Ausstellung in einem Katalog dokumentiert.
Nächstes Jahr wird die Zeisberger-Ausstellung (in den USA englisch-deutsch) vom 15. 8. bis zum 22. 8. 2010 in Winston-Salem im Historic Bethabara Park zu sehen sein. Die ersten Mährischen Missionare kamen dort 1753 aus dem Jungen-Männer-Haus in Nazareth (Pennsylvanien). Während des amerikanischen Unabhängigkeitskrieges wurde man hart wegen probritischer Positionen bedrängt. Als die Cherokee-Indianer 1838 aufgrund staatlicher Gesetzgebung vertrieben wurden und ihren Marsch der Tränen antreten mussten, erbaten sie sich von den mährischen Missionaren seelsorgerlichen Beistand. In dieser Zeit entstanden Aufzeichnungen, für die die Indianer immer noch dankbar sind und die derzeit ins Englische übersetzt werden.
Daneben wird die Zeisberger-Ausstellung im nächsten Jahr in Nazareth im Staat Pennsylvanien zu sehen sein. Neben Bethlehem ist dies der zweite Hauptort der Nordprovinz der Moravian Church. Dort entstand ein dem Zinzendorf-Schloss in Berthelsdorf nachgebautes Schloss, für den Fall, dass Graf Zinzendorf von der lutherisch gesinnten sächsischen Regierung nach Amerika exilieren müsste, was Gott sei Dank dann doch nicht der Fall war.
Horst Schinzel, München
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