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Früh fasst der neue Glaube Fuß. 1607 läßt Katharina von Redern, eine geborene Schlick, die erste evangelische Kirche erbauen. Die Gegend bleibt evangelisch, auch nachdem Katharina das Erbe für ihren noch unmündigen Sohn Christoph verwaltet. Doch dann wird Böhmen zum ersten Kampfplatz der großen europäischen Glaubensauseinandersetzung. Nach der Schlacht am Weißen Berg wird die Gegend südlich des Isergebirges ein Zufluchtsort für die verfolgten Evangelischen. Graf Andreas von Schlick, einer der Protagonisten des Adelsaufstandes, findet im Schloß Friedland Zuflucht. Er wird zu seinen Henkern nach Prag geführt und am 21.Juni 1621 als erster am Altstädter Markt hingerichtet. Auch Christoph II. von Redern werden seine Güter genommen, er stirbt 1641 verarmt in der Verbannung in Polen. Neuer Besitzer der Herrschaft wird 1622 der Kriegsherr Wallenstein. Doch noch tobt der Krieg mit all seinen Schändlichkeiten und die Stadtchronik ist voll von diesen Geschichten. Der 30-jährige Krieg ist längst nicht mehr nur eine religiöse Angelegenheit. Die Hoffnung der Neustädter Evangelischen ruht auf den schwedischen Truppen. Der Westfälische Friede von 1648 bereitet dem ganzen Schrecken für die Bevölkerung ein Ende. Doch für die Evangelischen brechen nun harte Zeiten an. Am 5./6 März 1650 rücken die Jesuiten unter Militärschutz in Neustadt ein. Ergebnis der jesuitischen Zwangsbekehrungen ist der Exodus der halben Bevölkerung. Besonders die sächsischen Bergleute verlassen Neustadt. Nach der Zählung vom 7.1.1652 haben 221 Personen Neustadt verlassen und sich im benachbarten Sachsen angesiedelt, 190 Bewohner bleiben zurück. Viele gehen weiterhin heimlich über die Grenze zum evangelischen Gottesdienst. Das Werk der Gegenreformation war so gründlich, dass sich 1781 mit dem Toleranzpatent Joseph II. für Neustadt kirchlich zunächst nichts ändern sollte. Erst 1883 wird Friedland evangelische Predigtstation und in Neustadt werden ab 1895 wieder evangelische Gottesdienste bezeugt. 1901 wird ein Kirchenbauverein gegründet, der sich für den Entwurf des jungen Architekten Otto Bartning (geboren 1883 in Karlsruhe, verstorben 1959 in Darmstadt) entscheidet. 1911 wird die ,,Lutherburg'', wie die evangelische Kirche auch genannt wird, eingeweiht. Bartning baute seine erste Kirche bereits während des Architekturstudiums. Bartnings evangelische Kirchen entstehen vor dem 1.Weltkrieg vor allem in der Donaumonarchie, danach meist in Norddeutschland. Nach dem 2. Weltkrieg ziehen in die verlassene Kirche Mitglieder der Exulantengemeinde aus dem polnischen Selau (Zelów). Ende des 18. Jahrhunderts waren die tschechischen Exulantenkolonien in Polen und Schlesien völlig übervölkert. So wird den Glaubensflüchtlingen 1802 das Gut Zelów in der Nähe von Lodz zum Kauf angeboten, das nach der polnischen Teilung von 1793 im damaligen preußischen Teil Polens liegt. 1832 lebten dort 53 tschechische Familien, ihre Anzahl stieg beständig an. 1901 zählte die Kirchengemeinde 2950 Seelen. Seit 1815 gehörte Zelów zum russischen Reich. Doch mit dem Ende des 1. Weltkrieges ändert sich die Bevölkerungsstruktur. Viele Zelówer emigrieren in die neu gegründete Tschechoslowakei, ihre Häuser kaufen Polen, Juden und Deutsche. So sind im Jahre 1925 nur mehr die Hälfte der Bewohner von Zelów tschechischer Abstammung. Mit dem Ende des 2. Weltkrieges kommt es zu einem weiteren Aderlaß. Viele Zelówer Exulanten reemigieren nach Neustadt und arbeiten in der nach 1948 von den Kommunisten geleiteten ehemaligen Klinger`schen Textilfabrik. Pfarrer der Gemeinde der Evangelischen Kirche der Böhmischen Brüder in Nové Mìsto pod Smrkem ist seit 2005 Adam Balcar. Er hat seine Frau beim Theologiestudium in Mainz kennengelernt. Beide freuen sich auf einen Besuch.
Literatur:Fest-Schrift zum Heimatfeste 1910 in Neustadt a.T., Neustadt 1910Edith Sterik, Der Museumsführer, Museum in Zelów, Zelów 2006
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